6 Unser erster Aufenthalt in Bethel

Endlich war der große Tag da, wir fuhren nach Bielefeld in die Epilepsieklinik.
Wir waren furchtbar Aufgeregt als mein Vater mit mir und Luke in Richtung Bielefeld startete.

Die Anfälle hatten sich in den letzten Tagen und Wochen nicht verändert, nein im Gegenteil ich konnte teils fast die Uhr danach stellen.

Und Luke? Der war innerhalb von 24 Stunden maximal 2 Stunden wach und diese liefen in etwa wie folgt ab.

Er wird unter Schreien durch einen Anfall wach.
Krampft bis zu 15 Minuten.
Trinkt ein paar Schlückchen Milch.
Und schläft anschließend weiter.

Und ich? Ich war einfach nur da. Es gab nicht viel zu lachen und auch nicht zu tun außer die Hoffnung nicht aufzugeben und so gut es geht für Luke da zu sein...
Aber wie Hilflos er mich angesehen und geweint hat werde ich nie vergessen können.

Also meldeten wir uns in Bethel an der Rezeption an und wurden stationär aufgenommen.
Ich bekam einen Schlüssel für die Station und wurde nach viel Papierkram und Einverständniserklärungen zur Station geschickt.
Dort angekommen meldeten wir uns im Schwesternzimmer an und warteten anschließend noch kurz im Essens-/Aufenthaltszimmer, da unser Zimmer auf der Station noch nicht bereit war.

Dann wurden wir auf unser Zimmer 13 gebracht und bekamen etwas Zeit um die Betten zu machen und die Taschen auszuräumen und uns allgemein einen Überblick über alles zu machen.
Bis es plötzlich an der Tür klopfte und ein Arzt zum Aufnahmegespräch das Zimmer betrat.




Ich wurde viel gefragt über unsere aktuelle Situation wie Schlaf-, Ess-, Spielverhalten und über allgemeine Dinge wie bisherige Untersuchungsergebnisse und Krankenhausaufenthalte.
Dann bekamen wir von einer Stationsschwester eine kurze Einführung über die Station und die Abläufe.
Dann hieß es Abschied nehmen vom Opa.
Wir waren allein.
Es dauerte nicht lang bis die ersten Anfälle kamen und die Schwestern diese sehen konnten.

Auch dabei waren diese sehr freundlich und lieb, versuchten uns zu unterstützen wo es ging und dokumentierten alles.

Am nächsten morgen starteten wir in den Krankenhausalltag in Bielefeld.
Morgens um 7:30 kamen die Schwestern und brachten uns die Medikamente, die wir aber heute wegen einer Blutentnahme um 8 Uhr später geben sollten.
Also auf mich und Luke fertig machen und nach der Blutentnahme und Medikamentengabe zur Cafeteria zum frühstücken.

Alle Mütter und Väter auf der Station waren sehr freundlich und ich fand schnell Anhang zum Essen, Austauschen und Spaziergängen.
Allgemein war es in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr sehr leer auf der Station, sodass die Kinder von der Jugendseite mit auf die Kinderseite geholt wurden und wir so alle auf einer Stationsseite "wohnten".


Dann nahte unser erstes EEG.

Wie zu erwarten war es nicht besonders gut, durchzogen von Hyppsarrhytmien und schwierig abzugrenzen.
Bei der ersten Visite besprachen wir, dass Luke ein neues MRT bekommen sollte und wir das Sabril weiter steigern sollten.
Allgemein war die Verwunderung über die allgemein niedrige Dosierung aber dafür recht große Medikamentenmenge da.

Also steigerten wir das Sabril von morgens und abends je 350mg auf 700mg.
Dann hieß es weiter abwarten, denn das nächste EEG war für 2 Tage später angesetzt.
In dieser Zeit wurden die Anfälle etwas leichter und auch etwas kürzer, was in Betrachtung der Situation sehr gut war, leider war das EEG nicht sonderlich besser geworden.
Wir besprachen in der nächsten Visite, dass wir nach dem MRT eine erneute Cortison-Stoß-Therapie machen werden aber dieses mal nach dem ICISS-Schema.





Zuerst kam allerdings Silvester.
Wir saßen mit den Müttern, teils Kindern und Jugendlichen im Aufenthaltsraum und hatten etwas zu Essen bestellt.
Wir aßen alle gemeinsam und durften zu Silvester auch trotz Alkoholverbot mit Sekt anstoßen.
Anschließend unterhielten

Dann kam das angesetzte MRT.
Das MRT verlief ganz OK, Luke nahm die Sedierung zu sich und schlief schnell ein.
Allerdings musste er nachsediert werden, da er durch die Lauten Geräusche des MRT Gerätes wach wurde.
Nach dem MRT war er fix und fertig und er bekam mehrere Infusionen, da er nichtmal zum Essen oder Trinken wach werden wollte.
Als er gegen späten Mittag endlich wach wurde bekam er seine eigentliche Morgen Medikation und Trank auch etwas, danach schlief er schnell wieder ein.

Am Tag danach hatten wir noch etwas ruhe, damit Luke sich von der Sedierung erholen konnte.
Dann die Besprechung des MRT Befundes.
Es wurde eine Hirnatrophie festgestellt, als Hirnatrophie bezeichnet man einen allmählichen Verlust von Hirnsubstanz.
Ebenfalls sah man, dass die äußeren und inneren Liquorräume grenzwertig erweitert sind.
Weiter konnte man nichts auffälliges erkennen und wir konnten somit mit der Cortison-Stoß-Therpie nach dem ICISS-Schema starten.

Nach dem ICISS-Schema bedeutet, dass wir mit der Höchstdosis starten und diese nach einiger Zeit langsam Abgesetzt wird.
Also bekam Luke 4 mal täglich 10mg Prednisolon.
Diese nahm er ohne Probleme und vertrug diese Anfangs auch gut.
Er wurde wacher und fitter und fing wieder an richtig zu essen, aber die Anfälle blieben weiter.
Auch im EEG waren weiterhin Hyppsarrhytmien zu sehen.

Aber es kamen auch die ersten großen Erfolge.
Wir saßen gemeinsam mit anderen Müttern beim Frühstück als mich dieser kleine immer müde Mann ansah und plötzlich anfing zu grinsen.
Mir blieb sofort das Essen im Halse stecken und fing Augenblicklich an zu weinen.
Das dieses Kind nach so vielen Wochen und Monaten und allem was er bisher durchgemacht hatte komplett Emotionslos und auch ohne Scherz Empfinden auf einmal wieder anfing Emotionen zu bekommen.
Die einzigen Emotionen die Luke uns die letzten Wochen zeigte waren das weinen unter einem Anfall und ein Gähnen für Müdigkeit.
Auch die anderen Mütter freuten sich total mit uns und ich konnte nicht mal weiter frühstücken.  

Wir warteten ein paar Tage und er wurde immer fitter und wacher, aber als die Anfälle weiterhin nicht aufhörten entschieden die Ärzte die eigentliche Höchstdosis nochmal leicht zu erhöhen auf 60mg täglich.
Demnach bekam Luke nun 3 mal täglich 20mg Prednisolon.

Leider steigerte sich damit das Fitter werden wurde zu Unruhe die Unruhe zum nicht mehr runter fahren können und somit auch Schlafprobleme.
Ich musste irgendwie schmunzeln, das Kind das immer geschlafen hat wurde zum Kind das nicht mehr schlafen konnte...

Dann folgte aber der riesige Erfolg.
Luke war Anfallsfrei seid dem 15.01.2018.
Wir freuten uns so sehr und genossen diese Zeit aber leider mit dem Hintergedanken wie lange es wohl dieses mal halten mag bis es wieder los geht.
Aber auch das EEG war sauber, zwar alle paar Sekunden epileptisches Potential aber keine Hyppsarrhyhtmien zu sehen nichts.

Aus den Anfänglich geplanten 2 Wochen wurden knapp 4 und wir durften endlich am 20.01 nach Hause.
Was ein komisches Wort... Zuhause




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